Dienstag, 17. Januar 2017

10.11.2016, im Zug





Es regnet die ganze Nacht, manchmal stärker, manchmal sehr stark, die Wolldecke, die ich im Schrank gefunden habe, brauche ich trotzdem nicht. Frühes Frühstück auf der gedeckten Dachterrasse. Ich treffe zwei junge deutsche Frauen, war also nicht der einzige Gast im Hotel. Gemeinsam brechen wir zum Bahnhof auf. Um 8 Uhr morgens warten dort vor allem Touristen. Ich wähle "upper class" auch dies noch sehr günstig, die haben das Potential der Strecke als Touristenmagnet noch nicht entdeckt, die vielen ausländischen Eisenbahnfans würden sicherlich mehr als 2 Franken für eine Halbtagesreise auf dieser historischen Strecke bezahlen. Der Zug fährt fünf Minuten zu früh ein. Die Wagen sind extrem komfortabel, die Sitze weich, riesig, unheimlich viel Platz, Liegesitze, selbst Fussstützen gibt es - doch alles leicht verlottert. Vom angekündigten Rumpeln merke ich nichts, das ist eher ein Schaukeln, man könnte davon seekrank werden. Mit 30 km oder weniger rumpeln wir durch die grün überwucherte Landschaft. Vor uns im einzigen Abteil das Sitze hat, die sich gegenüber stehen - ich werde später feststellen, dass man die Sitze sogar drehen kann - sind immer Einheimische einquartiert. Zwei Frauen praktisch über die ganze Strecke, weitere tauchen plötzlich auf, setzen sich für ein Schwätzchen, Männer ebenfalls und erst wird einmal ausgiebig gefrühstückt. Bis zum Schluss begreife ich nicht ganz, wer eigentlich mit wem reist, einzig dass die verschiedenen Getränke- und Snackhändler im Zug sich häufig zu einem Schwätzchen dazu gesellen. Ein Mann installiert eine Art Steckdose mit einem Kabel, das er über die Gepäckablage hinauf in den Ventilator windet und mit dem dort offen stehenden Stromkabel verbindet. Dann drückt er den Schalter. Erst jetzt begreife ich, dass damit eine Handyladestation geschaffen wurde, die während der ganzen Zugfahrt rege genutzt wird. Bereits im Bahnhof von Pyin U Lwin ist mir der Kasten aufgefallen, bei dem mehrere Handys gleichzeitig geladen werden können. Ohne Handy geht eben nichts mehr, selbst hier.
Velo, Zug und Pferdekutschen, all dies ist nur noch für uns Touristen oder die Armen. Wir lieben es nostalgisch. Und schreiten gleichzeitig eifrig und gedankenlos vorwärts in den Fortschritt.

Der Zug tuckert durch die Landschaft, der Regen lässt nach, kleine Dörfer, es wird Reis und viel Mais angebaut. Häufig eine Art Buschdschungel, keine Riesenbäume, das Gewächs direkt am Zugfenster wuchert dicht und wo nichts angepflanzt wurde wächst ein meterhoher gelber Korbblütler. Nach knapp der Hälfte der Strecke überqueren wir den "Goteik" Viadukt, für viele Touristen der eigentliche Grund dieses Ausflugs. Eine elegante Metallbrücke überspannt eine Schlucht, sie soll bei ihrem Bau 1910 die längste Brücke in Asien gewesen sein. Heute in schlechtem Zustand, meint der Deutsche hinter mir, offensichtlich ein Zugfan, weshalb die Brücke nur im Schritttempo befahren werde.

Am Nachmittag Ankunft in Hsipaw, meiner Endstation. In Hsipa werden Hosen und sogar Miniröcke getragen, die Kleidung ist eindeutig moderner als in Mandalay. Auch hier stehen Moschee, buddhistischer Tempel und Kirche nebeneinander und gegenüber dem Hotel repetieren Kinder stundenlang monoton Verse. "For foreigners no entrance" steht am Tor angeschrieben.
Ich bin bei "Mr. Charles" abgestiegen, er biete auch Trekkings an, lese ich. "Mr. Charles" ist die grosse Ernüchterung. Dutzende, wenn nicht hunderte von Touristen logieren hier und wollen authentische Erlebnisse haben. - Nach langem Zögern melde ich mich trotzdem für eine Tagestour an

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