Dienstag, 24. Januar 2017

8.12.2016, Zikhone Village

Das Rufen vom Strand her wird bereits wieder leiser, Motorräder fahren zurück ins Dorf, die Stimmen sind weniger aufgeregt, das war wohl ein Fehlalarm diesen Morgen. Seit drei Tagen arbeitet das ganze Dorf gemeinsam in der Bucht. Mit einem Boot werden Bodennetze bogenförmig ausgelegt, am Strand zeihen beidseitig rund 10 Männer das Netz an den Enden kontinuierlich an Land. Am ersten Tag war die Ladung derartig schwer, dass die Männer es nur mit viel Kraft und taktgebenden Schreien schafften. Der Segen ist winzig, aber zahlreich, halb durchsichtige Crevetten, nur ein paar Mal pro Jahr, bei spezieller Witterung, kämen sie massenhaft in die Bucht. Der Fang wird getrocknet, mit Salz zu Kugeln vermengt und weiter getrocknet, eine proteinreiche Würze entsteht. Die Fischpaste vom Rhakine State ist weit herum bekannt.




Seit drei Tagen bin ich bei Ueli und seinem ÖkoLodge Projekt, das bereits weit fortgeschritten ist. Ich darf in einem dieser kleinen hier wiederaufgebauten alten Holzhäuser hausen, angenehm luftig sind sie mit all den Fensteröffnungen, teils mit lockerem Rattangewebe bezogen, einem durchbrochenen Vorhang gleich und die dunklen vom Gebrauch geschliffenen Holzböden fühlen sich angenehm kühl an unter den Füssen, nur die Badezimmer fehlen noch. Dafür steht bereits ein Wasserturm auf dem grossen Gelände und ein Wirtschaftsgebäude im Rohbau mit Platz für Solarbatterien und Vorräte im gemauerten Erdgeschoss, darüber liegt ein Geschoss aus Holz mit vier Zimmern, Veranda und Gemeinschaftsbad, das wird ein sehr schöner Ort für Rucksacktouristen werden. Auch die Rezeption, ebenfalls ein rezykliertes Haus, steht bereits im Rohbau, es geht also vorwärts, bleibt aber immer noch viel zu tun.





Ueli hat ein wunderschönes, mit Kokospalmen bestandenes Stück Land am Ende einer malerischen Bucht gekauft, dort wo ein kleiner klarer Flusslauf ins Meer einbiegt, den man bei Ebbe durchqueren kann. Gegenüber liegt ein von schwarzen Felsen durchsetzter pittoresker Strand und gleich dahinter noch ein Rest ursprünglicher Waldvegetation, die hinauf zieht auf die kleinen Hügel. Ueli ist der erste "Fremde", der erste, der Tourismus hier aufbauen will, riesig ist seine Verantwortung.
Er hat zwei verwöhnte ehemalige Strassenhunde, ein paar Angestellte, mit denen er früher in Hotels in Ngapali Beach gearbeitet hat - sie unterstützen ihn bei der Bauleitung - und Helfer aus dem Dorf um sich geschart. Die Köchin kocht wunderbar, viel Gemüse, weniger schwer und würziger, als wir das in Restaurants erhalten, etwas Fisch und Eier. Dies gibt Diskussionen mit weiteren Besuchern, mit Anja und Thomas, vegan in Deutschland und hier Vegetarier, ob das ökologisch vertretbar, denn das Meer ist offensichtlich bereits ausgefischt, selbst Muscheln und Schneckengehäuse sehe ich keine am Strand, Vogelgezwitscher ist selten. Ist Tourismus überhaupt noch ökologisch vertretbar? - Paul, ein Student, der auch hier wohnt und gerade eine Abschlussarbeit über nachhaltigen Tourismus schreibt, passt perfekt in die Runde.
Ich selber mache mir vor allem Gedanken über den sozialen Input, den solch ein Projekt in eine intakte Dorfgemeinschaft bringt. Arbeit, klar, wenn die Fische immer spärlicher werden willkommen. Daneben wird Reis angebaut, Gemüse und Früchte, ab und zu sehe ich ein Schwein und Hühner, in einem der beiden Klöster auch Katzen. Das Dorf wirkt sauber, die Leute freundlich, doch erfahre ich, dass der Bau des zweiten Klosters, das ist schon Jahre her, zu Zwisten geführt haben soll, da seien sogar Leute gestorben. Nun gibt es zwei Klöster. Das alte, wo ein einzelner Mönch wohnt, der sehr ruhig wirkt und eine gute Ausstrahlung auf mich hat. Im neuen Kloster hingegen wohnt ein fetter Mönch vom Typ Parasit. Als wir auf Besuch sind kommt er eben in seinem teuren Auto angefahren, Paul meint, bei ihm würde die Dorfgemeinschaft gerne am Fernseher Fussball schauen, er sei sehr beliebt, auch Mönche sind erfolgreich beliebter. So erhält er die Spenden von rund 95 Haushalten, einzig 5 würden noch zum alten Mönch schauen. Ueli will das alte, neben seinem Grundstück gelegene Kloster unterstützen sobald seine Lodge Gewinn abwirft. Das Holzgebäude ist riesig, es könnte eine Renovation gebrauchen, doch noch durchaus bewohnbar, Essen wird täglich von den Dorfbewohnern gebracht. Was also braucht ein Mönch noch mehr, wenn er nicht an irdischen Dingen verhaftet sein soll?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen